Musikschulen auch für Behinderte öffnen


Interview mit Reinhard Kleinfeld

(Neue Westfälische vom 7. September 1996/aktualisierte Fassung)


Um in den Musikschulen der Region für die Arbeit mit Behinderten zu werben, veranstaltete die Musikschule der Stadt Löhne zu ihrem 25jährigen Jubiläum ein ostwestfälisches Musikschulfestival: "Verbindende Harmonien - (un)behinderte Musik" mit vielen behinderten Musikern.
Eröffnet wurde das Festival am Samstag, 14. September, mit einer Tagung zum Thema "Musikschulen - offen für Behinderte?" Die NW sprach mit Reinhard Kleinfeld, dem Leiter der Musikschule Herford, über erste Erfahrungen.
Warum öffnen sich die Musikschulen erst jetzt der Arbeit mit Behinderten?
Die Musikschulen haben in den letzten 25 Jahren eine sehr stürmische Entwicklung durchgemacht, so daß kaum Zeit da war, sich anderen Aufgaben, wie etwa der Behindertenarbeit, zuzuwenden.

Seit wann stellen Sie sich dem Thema?
Das ist von Musikschule zu Musikschule unterschiedlich. Viele haben sich diesem Bereich noch gar nicht geöffnet. Andere sind schon sehr weit. Institutionalisiert ist die Arbeit aber noch längst nicht.

Welche Voraussetzungen mußten Sie für diesen Unterricht schaffen?
Zum einen war unser Personal ja gar nicht auf eine solche Aufgabe vorbereitet. Hier mußten Schulungsangebote her. Das andere Problem sind die Behinderteneinrichtungen selbst, die nicht in die Musikschulen kommen, weil sie nicht damit rechnen, daß Musikschulen auch mit Behinderten arbeiten können.

Welche Initiativen haben Sie ergriffen?
Eine große Initiative war die Veranstaltung in Löhne, die eine konzertierte Aktion aller Musikschulen der Region darstellt. Diese Veranstaltung verstehen wir als Auftakt für eine zweijährige Phase, die in vier Stufen verwirklicht werden soll. Als erstes wollten wir uns dem Thema öffnen. Das hat im Vorfeld bereits geklappt. Auf der Tagung fand nun eine Vertiefung und auch Erfahrungsaustausch statt. In einem dritten Schritt sollen die Schulen dort hospitieren, wo es schon pädagogische Konzepte gibt. Und letztendlich müssen wir die Arbeit auf eine solide pädagogische und finanzielle Basis stellen. Dazu brauchen wir auch Unterstützung von Fachverbänden, Sponsoren und der Regierungspräsidentin.

Werden Behinderte und Nichtbehinderte gemeinsam unterrichtet?
Es muß sicherlich dahin gehen, daß ein integrativer Unterricht angeboten wird. Es gibt hier erste Erfahrungen, doch wir stehen in den Schulen noch am Anfang. Wir sollten jetzt den ersten Schritt machen und uns überall der Arbeit mit Behinderten öffnen. Dann können wir auch darüber reden wie ein gemeinsamer Unterricht aussehen könnte.



Stand: 24. Januar 1997